Eine neue Studie denkt nun die Rolle der Ärzte im Nationalsozialismus auf. Mediziner im Dritten Reich ermordeten hunderttausende unschuldige Menschen, die meisten Ärzte schwiegen jedoch über ihre Taten.
Ärzte-Prozess in Nürnberg
Am 9. Dezember 1946 startete vor dem Amerikanischen Militärgerichtshof I in Nürnberg der Prozess gegen 23 deutsche Ärzte, Wissenschaftler und NS-Funktionäre. Der Tatbestand lautete Medizinverbrechen. Ein von der Bundesärztekammer angestoßener Forschungsbericht befasste sich mit der Anklageschrift und gibt uns nun einen Überblick über all die Grauen die im Namen der Medizin während der NS-Zeit verbrochen wurden. Einiges liegt jedoch noch immer im Dunkeln, wie der Leiter des Stuttgarter Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Robert Jütte, erklärt. Beispielsweise ist das Schicksal jüdischer Ärzte bis heute noch nicht geklärt.
Massenschweigen
Für die Nazis war die Ärzteschaft sehr wichtig, weil sie die Optimierung des „Volkskörpers“ und dessen Befreiung von angeblich Minderwertigen vorantreiben sollten. Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe sagt: „Ärzte haben in der Zeit des Nationalsozialismus Tod und Leiden von Menschen herbeigeführt, angeordnet oder gnadenlos verwaltet“. Jedoch hat die Masse der Ärzte geschwiegen. Die Ärzteschaft lag mit 45% Mitgliedern in der NSDAP mit an der Spitze der Berufsgruppen.
„Heil- und Pflegeanstalten“
Besondere Gräuel spielten sich in den s.g. „Heil- und Pflegeanstalten“ im Dritten Reich ab. Insgesamt wurden in diesen Einrichtungen mindestens 300.000 psychisch kranke und geistig behinderte Menschen ermordet. Statt den Opfern zu helfen, haben viele Ärzte bei dem Massenmord mitgemacht, obwohl mehr psychisch kranke Menschen gerettet hätten werden können. Doch nicht nur gemordet wurde in den „Heil- und Pflegeanstalten“: Rund 400.000 Menschen zwang man nach Hitlers „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zur Sterilisation.
Menschenexperimente
Auch im „Dienst der Forschung“ mussten viele unschuldige Menschen ihr Leben lassen. Die Versuche des ehemaligen Stabsarztes der Luftwaffe, Sigmund Rascher, führten zum Tod zahlreicher Leute. Sein Forschungsziel war es, herauszufinden, wie lange Piloten im kalten Meer überleben können, wenn sie im Krieg abgeschossen werden. Weitere Projekte gab es mit Krankheiten: So finanzierte die Deutsche Forschungsgemeinschaft Versuche mit Malaria in Dachau, Buchenwald und Pfaffenrode. In Buchenwald wurden Hunderte durch vorsätzliche Infizierung mit Fleckfieber getötet. Wie diese armen Menschen leiden mussten, kann man sich gar nicht vorstellen.
Bewegungsgründe
Die Motive der Ärzte-Täter waren höchstwahrscheinlich materieller Natur. Ihre jüdischen Kollegen wurden vertrieben und außerdem brachten ihnen die expandierenden Gesundheitsdienste des Staat neue Berufsaussichten. Zumindest von einer positiven Sache berichtet der neue Forschungsbericht: Die Mehrzahl der niedergelassenen Ärzte behandelte wohl auch Juden und Zwangsarbeiter. Ob sie damit wohl ihr Gewissen beruhigen wollten?
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